Scharfe Kritik des Mauthausen Komitees: Brauerei Zipf behindert Erinnerungsarbeit

Presseinformation MKÖ 08.07.2024

Scharfe Kritik des Mauthausen Komitees: Brauerei Zipf behindert Erinnerungsarbeit

15 Schüler:innen und Lehrlinge aus dem Bezirk Vöcklabruck haben gemeinsam mit dem Anne-Frank-Haus und dem Mauthausen Komitee Vöcklabruck ein Gedenkprojekt unter dem Titel "MemoryWalk" durchgeführt. Die Brauerei Zipf verweigerte den Jugendlichen den Zugang zu den baulichen Überresten des KZ-Außenlagers auf ihrem Firmengelände. Daran übt das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) scharfe Kritik. "Für uns ist die Blockadehaltung der Betriebsleitung völlig unverständlich", betont MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.

"Die Brauerei verschließt sich seit Jahren einer breiten und offenen Aufarbeitung der Geschichte des KZ-Außenlagers in Zipf", sagt Rudolf Loidl, stellvertretender Vorsitzender des Mauthausen Komitees Vöcklabruck. Unter dem Decknamen "Schlier" wurde in den Kellern der Brauerei Treibstoff für die V2-Raketen produziert. Auch die Antriebsdüsentests erfolgten dort. Teile der Stollen und die Testrampe sind bis heute erhalten und befinden sich auf dem Firmengelände. Der Zugang zu den historischen Stätten wird von der Brauerei seit Jahren bis auf einen Rundgang jährlich unterbunden. Sie verweigerte jüngst auch einer Gruppe von Schüler:innen und Lehrlingen aus dem Bezirk Vöcklabruck den Zutritt zu den erhaltenen Anlagen, obwohl das Mauthausen Komitee in einem Schreiben an die Betriebsleitung auf die Bedeutung des Projekts hingewiesen hatte.

Die Jugendlichen wollten gemeinsam mit dem Anne-Frank-Haus und dem Mauthausen Komitee Vöcklabruck eine Dokumentation zu KZ-Außenlagern im Bezirk zusammenstellen. Die vier Erinnerungsorte Lenzing, Zipf, Vöcklabruck und Attnang-Puchheim wurden für die sozialen Netzwerke aufbereitet. Dabei erhielten die engagierten Jugendlichen umfangreiche Unterstützung von verschiedenen Organisationen und Firmen. Nicht jedoch von der Brauerei Zipf.

"Leider fällt die Brauerei schon länger durch einen Mangel an Geschichtsbewusstsein und Fingerspitzengefühl auf", stellt Loidl fest. Vor einigen Jahren sorgte eine Werbung des Unternehmens für Aufsehen: Menschen in blau-weiß gestreiften Häftlingsuniformen bewarben darin Zipfer-Bier.

Viele Unternehmen verdrängen ihre Vergangenheit nicht mehr und wirken an der Aufarbeitung der NS-Zeit mit. Die Brauerei Zipf bildet hier leider eine unrühmliche Ausnahme. Bis heute wurde trotz mindestens 20-jähriger Bemühung keine Lösung für einen besseren Zugang zu den Überresten der Versuchsanlage gefunden.

Willi Mernyi: "Wir fordern ein rasches Umdenken der Betriebsleitung und erwarten, dass sie künftig zur Zusammenarbeit bereit ist! In unserer demokratischen Gesellschaft kann ein Unternehmen mit Verantwortung die dunklen Kapitel seiner Geschichte nicht einfach ignorieren."

Der MKÖ-Vorsitzende nimmt den Fall aber auch zum Anlass, um ein Gesetz zu verlangen, das Orte des Gedenkens an den NS-Terror wirksam schützt sowie den öffentlichen Zugang samt entsprechenden Hinweistafeln gewährleistet. "Im Sinne einer würdigen Erinnerung an die NS-Opfer ist ein solches Gesetz längst überfällig. Das Innenministerium muss hier rasch aktiv werden!", so Mernyi.

Rückfragen bitte an

Frederik Schmidsberger, Sprecher des Mauthausen Komitees Vöcklabruck
Tel.: +43 (0) 664 / 614 51 19

oder an

Dr. Robert Eiter, MKÖ-Vorstandsmitglied
Tel.: +43 (0) 664 / 823 79 79

Hintergrundbild