Von ORF und MKÖ mit Unterstützung des Bundeskanzleramts und des Zukunftsfonds gestaltetes Online-Videoarchiv mit 102 Zeitzeugen-Gesprächen präsentiert

Neues ORF-TVthek goes school-Videoarchiv: "Österreichs Zeitzeugen"

Die persönlichen Erinnerungen österreichischer und internationaler Zeitzeuginnen und Zeitzeugen bieten einen einzigartigen Zugang zur Zeitgeschichte Österreichs. 102 Interviews und Gespräche mit "Österreichs Zeitzeugen" stehen im Mittelpunkt eines neuen Videoarchivs auf der ORF-TVthek, das der ORF gemeinsam mit dem Mauthausen Komitee Österreich und mit Unterstützung des Österreichischen Bundeskanzleramts und des Zukunftsfonds der Republik Österreich gestaltet hat.

Kunst- und Kulturminister Mag. Thomas Drozda, ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz und Mauthausen Komitee Österreich-Vorsitzender Willi Mernyi stellten das neue Online-Videoarchiv "Österreichs Zeitzeugen" am Freitag, dem 30. September 2016, im Bundekanzleramt gemeinsam mit ORF-Onlinechef Thomas Prantner und den Leitern des Projektteams Mag.a Eva Reiter (Leiterin ORF-TVthek) und Christa Bauer (Geschäftsführerin MKÖ) vor. Als Gäste waren bei der Präsentation auch zahlreiche Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wie Käthe Sasso, Aba Lewit, Richard Wadani und Rudolf Gelbard, deren Interviews auch im Archiv abrufbar sind, sowie Erich Finsches und Karl Pfeifer ebenso wie Theodor Maier (Vorsitzender der Lagergemeinschaft Flossenbürg) anwesend. Weiters war als unterstützender Partner des Projekts der Zukunftsfonds der Republik Österreich durch Generalsekretär Prof. Herwig Hösele vertreten. Rudolf Altersberger (Amtsführender Präsident des Landesschulrates für Kärnten) war ebenfalls anwesend.

Das neue Angebot ist Teil der Aktion "ORF-TVthek goes school", die Videoarchive in einer speziell für die Integration in den Unterricht geeigneten Form bereitstellt, und ist auf der Videoplattform des ORF unter http://TVthek.ORF.at/archive uneingeschränkt und unbefristet verfügbar.

Das Videoarchiv ist in die vier Rubriken "Monarchie und Erster Weltkrieg", "Zwischenkriegszeit und Austrofaschismus", "Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg" und "Nachkriegszeit" unterteilt, insgesamt kommen 89 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort. So berichten zum Beispiel der Regisseur Otto Preminger, der Psychiater Viktor Frankl oder die Politikerin Rosa Jochmann über ihre Erinnerungen an die letzten Jahre der Monarchie und den Ersten Weltkrieg. Die Erste Republik und den Austrofaschismus hat u.a. ein Interview mit der Sozialwissenschafterin Marie Jahoda im Rahmen der Rubrik "Zwischenkriegszeit und Austrofaschismus" zum Thema. Im Kapitel "Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg" erzählen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wie Käthe Sasso, Aba Lewit, Rudolf Gelbard, Richard Wadani, Margarete Schütte-Lihotzky, Anna Hackl, Hans Máršálek und Franz Trampusch über die Verbrechen während des Nationalsozialismus und wie diese Erfahrungen danach ihr Leben prägten. Persönlichkeiten wie Bruno Kreisky, Simon Wiesenthal oder Alfred Maleta rufen schließlich auch die Nachkriegszeit und die Staatsvertragsverhandlungen ins Gedächtnis.

Die Interviews und Gespräche wurden in den vergangenen Jahrzehnten größtenteils im ORF-Fernsehen gezeigt, einige wurden von der Redaktion des Senders ORF III Kultur und Information auch neu aufgenommen und gesendet.

Mag. Thomas Drozda, Kunst- und Kulturminister: "Wenn wir ein ‚Nie wieder' ernst nehmen, müssen wir Wege finden, um zu erinnern. Mit Projekten wie dem Videoarchiv 'Österreichs Zeitzeugen' ist es gelungen, Zeitgeschichte innovative und leicht zugänglich zu vermitteln. Persönliche Geschichten und Erlebnisse eignen sich dafür am besten. Denn Werte wie Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit dürfen wir niemals als selbstverständlich erachten, sondern müssen dafür kämpfen."

Dr. Alexander Wrabetz, ORF-Generaldirektor: "Die persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu sammeln, zu erhalten und der Öffentlichkeit – vor allem jungen Menschen – zugänglich zu machen ist eine der zentralen Aufgaben des ORF als Rundfunk der Gesellschaft und elektronisches Gedächtnis des Landes. Denn kein Buch und kein dokumentarisches Filmmaterial kann uns Vergangenes und besonders die mit Schrecken behafteten Ereignisse und Zeiten wie Krieg oder Holocaust so nahe bringen wie Menschen, die dies selbst durchleben mussten und davon auf sehr persönliche und emotionale Weise erzählen. Daher ist es ein großer Gewinn für uns alle, dass es dem ORF gemeinsam mit dem Mauthausen Komitee und mit Unterstützung des Bundeskanzleramts und des Zukunftsfonds gelungen ist, das 'ORF-TVthek goes school'-Archiv mit seinen mehr als 100 Interviews und Gesprächen mit 'Österreichs Zeitzeugen' aufzubauen und online zu stellen."

Willi Mernyi, Vorsitzender Mauthausen Komitee Österreich: "Über 100 Berichte von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen verdeutlichen einmal mehr die Entwicklungen, die zum Austrofaschismus oder zum Nationalsozialismus führten. Diese persönlichen Erzählungen sollen Jugendlichen näherbringen, was in diesen höllischen Zeiten alles passiert ist. Aus der Arbeit des Mauthausen Komitee Österreich mit Zeitzeuginnen, Zeitzeugen und Jugendlichen sehen wir, dass dadurch eine Verbindung der Lebenswelten – vor allem mit jenen der Jugendlichen – möglich ist. Daher freut es uns, dass diese Berichte online für alle einzusehen sind. Ein wichtiger Beitrag für ein 'Niemals wieder'."

Ing. Michael Götzhaber, ORF-Direktor für Technik, Online und neue Medien: "Das Internet und die Videoplattform des ORF im Speziellen sind ideale Multiplikatoren für die Zeitzeugen-Interviews, die im Rahmen des neuen 'ORF-TVthek goes school'-Videoarchivs zusammengestellt wurden. Es ist von großer Bedeutung für das Verständnis unserer Vergangenheit, dass diese so wichtigen persönlichen und berührenden Zeit-Dokumente nunmehr uneingeschränkt und langfristig bereitgestellt werden, und somit beispielsweise auch in den Unterricht integriert werden können."

Thomas Prantner, stv. ORF-Direktor für Technik, Online und neue Medien: "Es ist zentrale Aufgabe des ORF, nicht nur Österreichs Gegenwart, sondern auch entscheidende Epochen und Ereignisse aus der Vergangenheit medial darzustellen. Die sehr persönlichen und bewegenden Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Rahmen eines 'ORF-TVthek goes school'-Videoarchivs online zu stellen und damit vor allem Jugendlichen verfügbar zu machen, ist daher ein wertvoller, neuartiger, multimedialer Weg zur Erfüllung unseres öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrags. Ich danke speziell LAbg. Dr. Gerhard Schmid, der ganz wesentlich zur Entstehung dieses Projekts beigetragen hat."

Prof. Herwig Hösele, Generalsekretär des Zukunftsfonds der Republik Österreich: "Je besser das Wissen um die Zeitgeschichte, umso größer das Bewusstsein für die fundamentalen Werte der liberalen Demokratie und die unteilbaren Menschenrechte. Zu diesem Bewusstsein beizutragen, ist Auftrag des Zukunftsfonds der Republik Österreich. Oral-History- und pädagogischen Projekten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die Zeit der beiden Weltkriege und des Staatsvertrages ist für Jugendliche heute sehr weit entfernt, kaum werden sie noch Menschen kennen, die aus eigener Erfahrung berichten können. Es ist daher umso wichtiger, die Erlebnisse und Erzählungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen in einer leicht zugänglichen Form zur Verfügung zu stellen. Das Videoarchiv der 'ORF-TVthek goes school' ist ein gelungenes Beispiel dafür und ich freue mich, dass der Zukunftsfonds dieses Projekt unterstützen kann."

Das Projekt "ORF-TVthek goes school"

"ORF-TVthek goes school" ist Teil des Angebots der ORF-TVthek, der Videoplattform des ORF. Ziel von "ORF-TVthek goes school" ist es, Online-Themenschwerpunkte mit herausragendem und einzigartigem Videomaterial aus dem ORF-Archiv zu den Bereichen Zeit- und Kulturgeschichte dauerhaft und unbefristet online abrufbar anzubieten. Die Inhalte der Archive sollen dabei vor allem Lehrer/innen und Schüler/innen ansprechen und sind speziell als multimediales Bildungsangebot für den Unterricht an Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen geeignet. Vom ORF gestaltete Fernsehsendungen und -beiträge zu zeit- und kulturhistorischen Events und Entwicklungen können somit dabei behilflich sein, v. a. Jugendlichen Bildungsinhalte mittels moderner Kommunikationsmedien näherzubringen.
Insgesamt stehen derzeit auf der ORF-TVthek – inklusive des neuen Archivs "Österreichs Zeitzeugen" – 27 zeit- und kulturhistorische Videoarchive mit rund 2.300 Beiträgen (Stand Ende September 2016) zur Verfügung. Die Themenpalette reicht von der "Geschichte der EU" über die Medienarchive Christentum und Judentum bis zu Videoarchiven zur Geschichte der einzelnen Bundesländer. Laufend werden sowohl die bestehenden Archive erweitert als auch neue bereitgestellt. Bisher erzielten die Videoarchive bereits mehr als 3,37 Millionen Videoabrufe (Quelle: interne Statistik).

Mauthausen Komitee Österreich

Im Jahr 2000 bestimmte die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen, die Organisation der Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen, das MKÖ zu ihrer offiziellen Nachfolgeorganisation. Das MKÖ verpflichtete sich damit, das Vermächtnis der ehemaligen KZ-Häftlinge zu bewahren und weiterzutragen. Die engagierte antifaschistische und antirassistische Arbeit vor allem mit jungen Menschen bildet einen der Schwerpunkte der Aktivitäten des Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ).

In den letzten Jahren führte das MKÖ mit mehr als 82.000 Jugendlichen Zivilcourage-Trainings, Begleitungen durch die KZ-Gedenkstätte Mauthausen sowie an Orten ehemaliger Außenlager, die Vor- und Nachbereitung der KZ-Gedenkstättenbesuche, Anti-Rassismus-Workshops wie den neuen Workshop "Wir sind alle", das Anti-Rassismusplanspiel "Miramix" sowie diverse anlass- und themenbezogene Jugendprojekte durch. Die Rundgänge des neuesten Jugendprojekts "denk mal wien" beschäftigen sich mit vier verschiedenen Themen: "Wir sind HeldInnen", "Republik und Demokratie", "‚Wir‘ und die ‚Anderen‘ " und "Was ist Österreich?". Der historische Fokus wird auf die Republiksgeschichte sowie die Zeit des Nationalsozialismus mit einem ständigen Gegenwartsbezug gesetzt. In den bisher durchgeführten Projekten mit Jugendlichen zeigt sich die erfolgreiche Einbindung von Zeitzeugen-/Zeitzeuginnen-Biografien durch verschiedene Methoden und ihre Notwendigkeit für ein "Niemals wieder".

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